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Eine innere Uhr - eine innere Zeitmaschine? Wie winzig hätten wir uns die internen Schrittmacher vorzustellen, da sie doch schon (wie das Beispiel des marinen Dinoflagellats Gonyaulax polydere zeigt) auf der Ebene der Einzeller funktioniert?

Und wie komplex ausgestaltet dürfen wir uns diese Unruh vorstellen im Vielzeller Mensch? Klar ist: dessen circadianische Uhrwerke passen sich gern dem Takt des Lichtes an, geben dem Argument Licht nach. Überhaupt nimmt leider weltgeschichtlich das Leben im Licht eher

ab als zu, das künstliche Licht nämlich (normale Innenbeleuchtung: 50 - 500 Lux) ist, verglichen mit dem lichten Tag (8.000 - 100.000 Lux), nichts als eine chronobiologische Finsternis mit Notbeleuchtung.

Da bleibt es nicht aus, dass die Schrittmacherzentren der inneren Uhr, die bei unsereinem über der Kreuzung der Sehnerven im Nucleus suprachismaticus liegen und von dort aus die tagesrhythmische Produktion von Melatonin im Pinealorgan steuern, bisweilen ins Grübeln kommen.

"Die Zeit macht nur vor dem Teufel halt", sang dereinst Udo Jürgens. Kein Wunder, dass in unserem Age of Anxiety neben anderen Phobien (wie der Sesquipedalophobie, der Angst vor langen Worten, oder der Arachibutyrophobie, der Angst davor, dass einem

die Erdnussbutter am Gaumen kleben bleiben könnte (näheres dazu unter http://www.phobialist.com)) nicht nur die Chronophobie gedeiht - die schiere Angst vor der Zeit - sondern eigens eine Chronometrophobie, eine Angst vor Uhren.

Und was hat die gigantische Chronometerindustrie nicht alles aufgeboten, um solche Ängste zu schüren: Kugeluhren, Wanduhren, Taschenuhren, Kirchturmuhren, Wasseruhren, Walzenuhren, Fliegeruhren, Kuckucksuhren, Telleruhren, Kommodenuhren,

 

Figurenuhren, Globusuhren, Marinechronometer, Spindeltaschenuhren, Kutschenuhren, Minutensonnenuhren, Boullependulen, Cartelluhren, Monstranzuhren, Kalenderuhren, Portaluhren und Wecker!

In Anbetracht all der Uhren entsinne ich mich gern einer TV-Serie aus den 60er Jahren , in welcher ein Knabe einen magischen Bumerang warf, der, so lang er flog, bewirkte, dass das Universum rundherum still stand und nur der Werfer selbst bewegungs-, also handlungsfähig blieb. Ja, dachte ich mir (und denke es heute noch), so müsste die ideale Zeitmaschine aussehen: kein Apparat zur bloßen Messung der Vergänglichkeit, schon gar kein Vehikel, um in der Zeit - die ja nichts ist als die Unruh des Raums - auch noch hin- und herzuhüpfen wie ein chronisch verirrter Frosch, sondern ein Apparat zum Gebieten von Einhalt!
Bis auf weiteres aber bleibt uns, den unbebumerangten Zeitgenossen, nur, auf das Pendel der (inneren wie äußeren) Uhr zu schauen und ein wenig Lustgewinn zu schöpfen
- aus dem Augenblick, den das Pendel, am linken oder rechten Rand des Schwungs, in schwereloser Schwebe hängt;
- aus dem Betrachten der in dieser Schachtel versammelten Wunder.

Viel Vergnügen wünscht Ihnen dabei
Ihr Hartmut Kasper

PIPS-DADA-CORPORATION




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